Rechtliche Absicherungsstrategien für jede Bauphase – Teil 2: Die Vertragsverhandlungen
Im zweiten Beitrag unseres Leitfadens zeigen wir Ihnen auf, welche juristischen Fallstricke Sie in der Vertragsverhandlungsphase zu berücksichtigen haben, um vertraglich für den Fall einer Insolvenz des Bauunternehmens und Vertragspartners bestmöglich abgesichert zu sein.
Juristische Fallstricke in der Vertragsverhandlungsphase
Sie haben die Auswahlphase abgeschlossen und haben sich für ein passendes Bauobjekt und ein geeignetes Bauunternehmen entschieden. Relativ schnell wird Ihnen das Bauunternehmen in der Vertragsverhandlungsphase einen Mustervertrag vorlegen, den Sie unbedingt gründlich auf juristische Fallstricke prüfen sollten. Um auf der sicheren Seite zu sein, empfiehlt es sich dringend, den Mustervertrag von einem auf das Baurecht spezialisierten Rechtsanwalt prüfen – und gegebenenfalls nachverhandeln – zu lassen.
Als Verbraucher treffen Sie in den Verhandlungen über Bauprojekte auf verschiedene Vertragstypen wie den BGB-Verbraucherbauvertrag, den Bauträgervertrag, den BGB- und den VOB/B-Bauvertrag.
Bereits in der Vertragsgestaltung lässt sich erkennen, wie seriös das Bauunternehmen ist. Will es seine wirtschaftlichen Interessen auf Kosten Ihrer Interessen durchsetzen oder legt es Wert darauf, das Bauprojekt zu beiderseitiger Zufriedenheit und einem relativen Interessenausgleich zu realisieren?
Wichtig ist, dass jeder der vier Vertragstypen unterschiedliche Regelungen und Risiken in sich birgt, die bei der Absicherung gegen eine mögliche Bauinsolvenz berücksichtigt werden sollten. Für eine gute Absicherung gegen das Insolvenzrisiko des Vertragspartners kommt es jedoch in allen Bauverträgen hauptsächlich auf folgende Regelungen an:
- Zahlungsplan
- Fertigstellungs- und Gewährleistungssicherheit
- Sicherheitseinbehalt
Was bedeutet das Prinzip der vertraglichen Sicherheiten?
Beide Parteien eines Bauvertrages haben ein berechtigtes Interesse an der Sicherung ihrer Ansprüche. Der Auftraggeber ist an einer mangelfreien und termingerechten Lieferung interessiert, der Auftragnehmer an einer vollständigen und termingerechten Zahlung seines Werklohns. Die Sicherheitsleistung ist kein Mittel zur Erfüllung vertraglicher Leistungspflichten, sondern vielmehr ein Instrument, um die Gefahr künftiger Rechtsverletzungen oder auch Nachteile im Bauvertragsverhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer abzuwenden.
Regelungen und Risiken - BGB-Verbraucherbauvertrag, Bauträgerkaufvertrag, BGB- und VOB/B-Bauvertrag
1. BGB-Verbraucherbauvertrag
Der BGB-Verbraucherbauvertrag ist ein Werkvertrag, soweit die §§ 650i ff. BGB keine abweichenden verbraucherschützenden Regelungen enthalten. Auf ihn finden die Vorschriften des Werk- und Bauvertrages (§§ 631 ff., 650a ff. BGB) Anwendung. Zwingende Regelungen, die bei keinem Bauvorhaben zwischen Verbraucher und Unternehmer fehlen dürfen, sind in § 650o BGB geregelt. Zu den zwingenden Vorschriften gehören u. a. § 650j BGB (Baubeschreibung), § 650k BGB (u. a. verbindlicher Fertigstellungszeitpunkt), § 650l BGB (Widerrufsrecht) und § 650n (Bauunterlagen). Die übrigen Vorschriften können im Bauvertrag durch eigene Regelungen ausgewechselt werden (sog. dispositives Recht). Dazu zählt insbesondere der wichtige § 650m BGB (Abschlagszahlungen und Absicherungen des Vergütungsanspruchs). Es sollte daher unbedingt darauf geachtet werden, dass von der Regelung des § 650m BGB nicht zum Nachteil des Verbrauchers Gebrauch gemacht wird.
Hintergrund zur Entstehung des BGB-Verbraucherbauvertrages
Geschaffen wurde der BGB-Verbraucherbauvertrag, um die Zusammenarbeit zwischen den am Bau Beteiligten zu verbessern. Der Bundesgesetzgeber hatte zum 01.01.2018 – auf Initiative des Deutschen Baugerichtstages e. V. hin und zur Einführung gesetzlicher Regelungen ins BGB – das neue Bauvertragsrecht erlassen. Neben den neuen Regelungen zum Bauvertrag nach §§ 650a BGB ff. wurden zeitgleich die Regelungen zum Verbraucherbauvertrag nach §§ 650i ff. BGB als eigener Vertragstypus in das Werkvertragsrecht aufgenommen. Mit der Einführung des Verbraucherbauvertrages sollte der Verbraucher im Baubereich durch spezielle Regelungen geschützt werden.
1.1. Zahlungsplan
Abschlagszahlungen
Das Werkvertragsrecht sieht eine Vorleistungspflicht des Werkunternehmers vor. Die fällige Werklohnforderung des Unternehmers entsteht erst mit Abnahme (§ 641 Abs. 1 BGB).
Nach § 650m Abs. 1 BGB ist der Bauunternehmer dazu berechtigt, Abschlagszahlungen entsprechend dem Baufortschritt zu verlangen. Damit der Bauunternehmer diese Zahlungen nicht einseitig verlangen kann, wenn der Baufortschritt nicht klar definiert worden ist, sollte zwischen den Parteien ein individueller Zahlungsplan vereinbart werden. Zur Wahrung Ihrer Interessen ist es ratsam, sich dabei von einem fachkundigen Anwalt unterstützen zu lassen.
Bei Geltendmachung von Abschlagszahlungen durch das Bauunternehmen ist die gesetzliche Höchstgrenze gem. § 650m Abs. 1 BGB für Abschlagszahlungen zu beachten. Diese darf 90 % der vereinbarten Gesamtvergütung zzgl. Umsatzsteuer – einschließlich der Vergütung für Nachtragsleistungen – nicht überschreiten. Die Regelung dient dazu, die Gefahr verdeckter Vorleistungen abzumildern und dem Verbraucher die Geltendmachung seines Zurückbehaltungsrechts gemäß § 641 BGB wegen Mängelbeseitigung zu ermöglichen. Den Restbetrag kann der Unternehmer grundsätzlich – vorbehaltlich weiterer Sicherheiten – nach Fälligkeit der Gesamtvergütung, d. h. nach Abnahme gemäß § 641 BGB, geltend machen.
Prüfung der Angemessenheit des Zahlungsplans
Anders als beim Bauträgerkaufvertrag (§ 3 Abs. 2 MaBV) gibt es beim Verbraucherbauvertrag keinen gesetzlich vorgeschriebenen, standardisierten Zahlungsplan. Vielmehr variiert er hinsichtlich Höhe, Anzahl und Fälligkeit der Abschlagzahlungen. Umso mehr müssen Sie als Verbraucher darauf achten, ob der vom Unternehmer vorgeschlagene Zahlungsplan angemessen ist. Der Unternehmer darf weder zu geringe noch zu hohe Abschlagszahlungen vom Unternehmer verlangen. Sie entsprechen sonst nicht dem tatsächlichen Baufortschritt, sondern dienen dem Unternehmer zur schnellen Bezahlung.
Bauherren Schutz Bund e.V.
Zahlungsplan, so individuell wie der Auftrag
Der Zahlungsplan eines Fertighausanbieters hat zwar aufgrund des hohen Vorfertigungsgrades in der Regel weniger Raten, die dafür aber höher ausfallen. Ein Hausbau mit vielen Gewerken und Handwerkern wird dagegen vergleichsweise mehr Abschläge enthalten, die dafür aber niedriger sind.
Tipp: Einen guten Richtwert haben Sie, wenn Sie bis zur Fertigstellung des Rohbaus nicht mehr ca. 50 % der gesamten Bausumme bezahlen müssen.
Gesetzliche Grenzen
Bei einem in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Bauunternehmens aufgenommenen Zahlungsplan verhängt § 309 Nr. 15 (sog. Klausel ohne Wertungsmöglichkeit) eine wichtige Grenze: Danach ist eine Bestimmung unwirksam, nach der der Verwender (hier: Bauunternehmen) Abschlagszahlungen verlangen kann, die wesentlich höher sind als die nach § 632a Abs. 1 und § 650m Abs. 1 zu leistenden Abschlagszahlungen.
In einem zwischen beiden Parteien ausgehandelten Individualvertrag sind überhöhte Abschlagforderungen gesetzlich unzulässig, da es sich um versteckte Vorauszahlungen handelt. Wenn Sie als Bauherr zu viel bezahlen, riskieren Sie im Falle einer Insolvenz des Bauunternehmens den Verlust der geleisteten Überzahlung.
1.2. Fertigstellungssicherheit
Der Bauunternehmer hat dem Bauherrn bei der ersten Abschlagszahlung eine Sicherheit für die rechtzeitige Herstellung des Werkes ohne wesentliche Mängel in Höhe von 5 % des Vergütungsanspruches zu leisten. Der Unternehmer kann diese Sicherheit
• entweder gemäß § 650m Abs. 2 BGB durch Einbehalt von der ersten fälligen Abschlagszahlung oder
• durch Stellung einer Fertigstellungsbürgschaft nach § 650m Abs. 3 BGB leisten.
Mit anderen Worten: Entweder kann der Bauherr 5 % der Bausumme von der ersten Abschlagszahlung einbehalten oder der Unternehmer muss dem Bauherrn eine entsprechende Sicherheit leisten. Diese beiden Sicherungsmittel des Verbrauchers bzw. Bauherrn garantieren ihm eine rechtzeitige und abnahmefähige Leistung. Der Verbraucher sollte das Bauunternehmen frühzeitig um eine schriftliche Fertigstellungssicherheit bitten. Denn ein Anspruch auf dem Papier bringt Ihnen nichts, wenn Sie nach der Abnahme des Bauobjekts feststellen, dass Sie die Fertigstellungssicherheit nicht in Anspruch genommen haben.
Tipp: Da 5 % zu niedrig sind, sollte ein Einbehalt bzw. eine Bürgschaft in Höhe von 10 % ausgehandelt werden. Die Regelung des § 650o BGB ist hier abdingbar, besondere Vorsicht ist jedoch geboten.
Im Gegenzug hat der vorleistende Unternehmer einen Anspruch auf Sicherheit für die vertraglichen Vergütungsansprüche (§ 650m Abs. 4 BGB). Diese besteht in der Regel in einer selbstschuldnerischen und unbefristeten Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von bis zu 20 % der vereinbarten Gesamtvergütung einschließlich Umsatzsteuer. Die Sicherheit nach § 232 Abs. 1 BGB kann von einem Kreditversicherer oder einem in der Europäischen Gemeinschaft zugelassenen Kreditinstitut gestellt werden; ggf. kann sie auch durch die Hinterlegung von Geld oder Wertpapieren geleistet werden. Sie kann in Teilbeträgen abgerufen werden. Bei Verbraucherbauverträgen hat der Unternehmer dagegen keinen Anspruch auf Bauhandwerkersicherheit nach § 650f BGB.
Beispielrechnung:
Ein Bauherr errichtet mit einem Schlüsselfertig-Unternehmer ein Einfamilienhaus zum vereinbarten Festpreis von 300.000 EUR inkl. Mehrwertsteuer.
Von der ersten Abschlagsrate kann der Bauherr 15.000 EUR als Fertigstellungssicherheit einbehalten. Das Bauunternehmen kann daher nur 90 %, also 270.000 EUR, über die Abschlagsrechnungen geltend machen.
Demnach verbleibt dem Bauherrn bis zur mangelfreien und rechtzeitigen Fertigstellung des Bauobjektes ein Einbehalt von 45.000 EUR.
1.3. Gewährleistungssicherheit
Treten nach Abnahme und der Gewährleistungsfrist von 5 Jahren gemäß § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB Mängel auf, trägt der Auftraggeber das Risiko, dass der Auftragnehmer seiner Gewährleistungspflicht nicht oder nur teilweise nachkommt. Damit trägt der Besteller zugleich das Risiko im Falle der Insolvenz des Unternehmers. Für die Zeit nach der Abnahme sollte der Verbraucher daher vertraglich eine Gewährleistungssicherheit in Höhe von mindestens 5 % der Schlussrechnungssummer einschließlich Umsatzsteuer vereinbaren – eine gesetzliche Grundlage hierfür gibt es nicht. Diese Gewährleistungssicherheit schützt den Verbraucher auch dann, wenn der Unternehmer zwischenzeitlich insolvent wird.
1.4. Widerrufsrecht
Wurde der Verbraucherbauvertrag notariell beurkundet, steht dem Verbraucher ein Widerrufsrecht nach § 650l BGB zu, ansonsten hat er ein zweiwöchiges Widerrufsrecht nach Unterzeichnung des Vertrages (§ 355 BGB).
2. Bauträgerkaufvertrag
Der Bauträgervertrag ist ein Vertrag, der die Herstellung oder den Umbau eines Hauses oder eines vergleichbaren Bauwerks zum Gegenstand hat (§ 650u Abs. 1 BGB). Der Unternehmer ist danach zusätzlich verpflichtet, dem Besteller das Eigentum oder das Erbbaurecht an dem Baugrundstück zu verschaffen. Da der Bauträgervertrag sowohl ein Bauvertrag als auch ein Kaufvertrag ist, enthält er werkvertragliche und kaufvertragliche Elemente. Für erstere gelten die Regelungen des Werkvertragsrechts, für letztere, die auf die Verschaffung des Eigentums am Baugrundstück gerichtet sind, das Kaufrecht.
Der Bauträger hat nach § 3 MaBV einen Anspruch auf Zahlung, wenn
• der Vertrag wirksam ist,
• der lastenfreie Eigentumsübergang durch Eintragung einer insolvenzfesten erstrangigen Auflassungsvormerkung gesichert ist, die den Erwerber davor schützt, dass der Bauträger das Grundstück ein weiteres Mal verkauft,
• eine Baugenehmigung vorliegt,
• eine Abgeschlossenheitserklärung (Wohnungseigentumsgesetz/WEG) vorliegt.
Schutz bei Insolvenz des Bauunternehmens
Sobald der Erwerb des Grundstücks rechtlich gesichert ist, erhält der Erwerber vom Notar die Aufforderung (sog. Fälligkeitsmitteilung), den Kaufpreis an den Verkäufer zu zahlen. Ab diesem Zeitpunkt gilt beim Bauträgerkaufvertrag ein Ratenplan nach Baufortschritt. Die zulässigen Raten ergeben sich aus der Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV), in der u. a. Schutzvorschriften für Bauträgerkunden geregelt sind.
Verlangt der Bauträger eine Anzahlung, muss er gem. § 7 MaBV eine Bankbürgschaft vorlegen. Diese sichert den Erwerber im Falle einer Insolvenz des Bauträgers (MaBV-Bürgschaft) ab. Der Notar, der den Bauträgervertrag beurkundet, hat darauf zu achten, dass die Bestimmungen der MaBV eingehalten werden.
Der Notarvertrag und die MaBV bieten auf den ersten Blick einen gewissen Schutz bei einer Insolvenz, weisen aber auch empfindliche Lücken auf. Im Ernstfall erhält der Erwerber entweder das Grundstück samt Bauruine zurück oder bei Rückabwicklung des Vertrages sein Geld. Darüber hinausgehende Schäden werden nicht ersetzt. In den meisten Fällen entscheidet die Bauträgerbank und nicht der Erwerber, ob das Grundstück freigegeben oder der Vertrag rückabgewickelt wird.
2.1. Zahlungsplan
Abschlagszahlungen
Nach § 3 Abs. 2 der Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) darf der Bauträger seine Vergütung in bis zu sieben Teilzahlungen aufteilen. Die der Höhe nach fest bestimmten Teilzahlungen sind nach Fertigstellung klar definierter Bauabschnitte schrittweise zu leisten. Von unfreiwilligen Vorauszahlungen ist dringend abzuraten.
Viele Zahlungspläne sind tückisch formuliert, sodass juristische Fallstricke nicht sofort erkannt werden. Ein unabhängiger Bausachverständiger oder ein professioneller Anwalt für Baurecht können einschätzen, ob der Zahlungsplan realistisch und für beide Vertragsparteien ausgewogen ist.
Der Bauträger kann gem. § 7 Abs. 1 S. 1 MaBV eine von der Vormerkungslösung nach § 3 Abs. 2 MaBV abweichende Regelung zum Zahlungsplan im Bauträgervertrag aufnehmen, wenn gleichzeitig eine Regelung getroffen wird, die zugunsten des Erwerbers eine Sicherheit für alle etwaigen Rückzahlungsansprüche (sog. Vorauszahlungsbürgschaft) vorsieht. In der Regel handelt es sich hierbei um eine Bürgschaft des Bauträgers. Die Bürgschaft sichert neben dem Rückgewähranspruch auch die Mängelansprüche des Erwerbers (vgl. zum Umfang das BGH-Urteil v. 08.12.2009 – Az. XI ZR 181/08).
Im Bauträgerkaufvertrag wird die Auflassung, d. h. die Einigung zwischen Verkäufer und Käufer über den Übergang des Eigentums am Grundstück oder an der Eigentumswohnung, erklärt. Gleichzeitig wird der Vollzug der Auflassung im Grundbuch von der vollständigen Zahlung des Kaufpreises abhängig gemacht. Diese Zahlung kann der Bauträger jedoch erst dann verlangen, wenn er sein Werk vollständig fertiggestellt hat (§ 3 Abs. 2 MaBV).
2.2. Fertigstellungssicherheit
Von besonderer Relevanz ist der Umstand, dass weder der gesetzlich festgelegte Ratenplan in § 3 MaBV noch die Vorauszahlungsbürgschaft aus § 7 Abs. 1 S. 1 MaBV das Fertigstellungsrisiko absichern.
Im Falle einer Unterbrechung der Bauarbeiten aufgrund Insolvenz des Bauträgers ist für den Fortschritt der Bauarbeiten von entscheidender Bedeutung, ob die Vormerkungslösung i.S.d. § 3 MaBV oder die Vorauszahlungsbürgschaft i.S.d. 7 MaBV vereinbart worden ist.
Bei der Vormerkung kann der Erwerber bzw. die Erwerbergemeinschaft das Bauvorhaben im aktuellen Zustand übernehmen und selbst fertigstellen, während bei der Bürgschaftslösung nur die Rückzahlung der bereits gezahlten Kaufpreisraten abgesichert ist. Nähere Ausführungen finden Sie hier: Ist das Fertigstellungsrisiko beim Bauträgervertrag abgesichert? (anwalt.de)
Im Gegensatz zu Frankreich und den Niederlanden ist in Deutschland eine sog. Baugarantieversicherung (auch: Fertigstellungsgarantie) seitens des Bauträgers zugunsten des Erwerbers gesetzlich nicht verpflichtend. Der Verband Wohnen im Eigentum – die wohneigentümer e.V. fordert eine solche verpflichtende Absicherung von Erwerbern auch in Deutschland (vgl. die Stellungnahme vom 03.03.2023).
Zu beachten ist, dass beim Bauträgerkaufvertrag die im Verbraucherbauvertrag benannte Fertigstellungssicherheit (§ 650m Abs. 2 u. Abs. 3 BGB) zugunsten des Verbrauchers (vertraglich) einzuräumen ist (vgl. § 1 S. 2 AbschlagsV). In den AGB des Bauträgers darf nach § 315 Nr. 15 BGB ebenso wenig abgewichen werden wie in den AGB-Verbraucherbauverträgen. Sollte der Bauträger von der Möglichkeit nach § 650m Abs. 3 BGB Gebrauch machen und dem Verbraucher als Fertigstellungssicherheit eine Garantie oder eine Bürgschaft einer Bank stellen, ist auf folgendes zu achten: Diese darf zeitlich nicht beschränkt sein, sondern muss gelten bis der Sicherungszweck (mangelfreie und fristgemäße Fertigstellung) erreicht ist. Dieser Zeitpunkt kann nach der Abnahme liegen, sofern dem Bauträger eine Nachbesserungsfrist gesetzt worden ist.
2.3. Zweiwöchige Prüffrist
Der Notar ist dazu verpflichtet, dem Käufer den Entwurf des notariellen Bauträgerkaufvertrages mindestens 14 Tage vor der Beurkundung vorzulegen (§ 17 Abs, 2a Satz 2BeurkG).
2.4. Vorsicht bei verdeckten Bauträgerverträgen
Vorsicht ist vor dem „verdeckten Bauherrenmodell“ geboten. Hier wird der Bauträgervertrag, mit dem der Käufer das Grundstück und ein darauf zu errichtendes schlüsselfertiges Wohnhaus erwirbt, in zwei getrennte Verträge (Kaufvertrag und Werkvertrag) aufgespalten.
Dem Käufer wird suggeriert, dass er auf diese Weise Vertragsnebenkosten wie Grundsteuer und Notarkosten einsparen kann. Das eigentliche Ziel des Bauträgers bei dieser Vorgehensweise ist jedoch die Umgehung der käuferschützenden Vorschriften der MaBV. Diese soll den Grundstückskäufer und Bauherrn insbesondere vor der Insolvenz des Bauträgers schützen. Wird der Bauträgervertrag aufgespalten, ist die MaBV nicht mehr anwendbar und der Käufer damit schutzlos. Er trägt zudem das erhebliche Risiko, dass beide Verträge, Kaufvertrag und Werkvertrag, im Ergebnis unwirksam sind. Der wirtschaftliche Schaden ist in diesen Fällen immens.
3. BGB- und VOB/B-Bauvertrag
BGB- und VOB/B-Bauverträge werden insbesondere bei Architektenhäusern mit den verschiedenen Gewerken vereinbart. Wichtig ist, dass die Vorschriften der Verbraucherbauverträge und Bauträgerverträge auf diese Verträge keine Anwendung finden.
Sicherheiten vertraglich regeln
Im Gegensatz zu den Sicherheiten, die sich für den Unternehmer aus § 650e BGB und § 650f BGB ergeben, sind diese für Bauherrn im BGB und in der VOB/B nicht eindeutig geregelt (vgl. § 17 VOB/B). Sicherheiten zugunsten des Bauherrn sollten daher im Vertrag besonders vereinbart werden (sog. Sicherheitsabrede)
Hier empfiehlt es sich, frühzeitig einen Rechtsanwalt für Baurecht in die Verhandlung und Prüfung der Verträge mit den einzelnen Gewerken einzubeziehen, da der Architekt den juristischen Berater nicht ersetzen kann (vgl. BGH, Urteil vom 09.11.2023 – VII ZR 190/22).
Auch bei BGB- und VOB/B-Bauverträgen ist der Bauunternehmer grundsätzlich vorleistungspflichtig. Abschlagszahlungen sind von dem Bauherrn nach § 632a Abs. 1 S. 1 BGB und nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 VOB/B – wie bei § 650m Abs. 1 BGB und § 3 MaBV – nur für den jeweiligen Bautenstand zu leisten.
Sofern eine erste Abschlagszahlung für die Lieferung von Baumaterial vorgesehen ist, kann der Bauherr gemäß § 632a Abs. 1 S. 6, Abs. 2 BGB die Übertragung des Eigentums an den Stoffen, Bauteilen oder eine entsprechende Sicherheit vom Bauunternehmer einfordern.
Bei Mängelansprüchen kann der Bauherr nach Abnahme und Fälligkeit der Vergütung die Zahlung eines angemessenen Teils der Vergütung verweigern (§ 641 Abs. 3 BGB). Dieser beträgt in der Regel das Doppelte der zur Beseitigung des Mangels erforderlichen Kosten.
Wie kann Ihnen ein Anwalt für Baurecht helfen?
Die richtige Wahl des Bauobjektes und der Baufirma ist komplex. Sie erfordert Ruhe, Sorgfalt und gründliche Recherche. Je nachdem, für welches Bauobjekt Sie sich entscheiden, gibt es Vor- und Nachteile. Allen gemeinsam ist das Risiko einer möglichen Insolvenz des Bauunternehmens. Unabhängig davon, ob Sie sich noch in der Auswahlphase befinden oder bereits von einer Bauinsolvenz betroffen sind, kann Ihnen eine zuverlässige Beratung durch einen spezialisierten Rechtsanwalt helfen.
Ilir Maliqi, Rechtsanwalt der „Kanzlei im Grünen Quartier“, ist spezialisiert auf Immobilien-, Bau-, Architekten- und Mietrecht. Er bietet Ihnen kompetente Lösungen bei drohender oder bereits eingetretener Bauinsolvenz.
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