WEG-Verwaltung unzuverlässig? Das können Wohnungseigentümer tun

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Ilir Maliqi

Rechtsanwalt

WEG-Verwaltung unzuverlässig? Das können Eigentümer tun

– Eine rechtliche Betrachtung der Abberufung und fristlosen Kündigung des Verwalters –

Die Wohnungseigentumsverwaltung nimmt eine zentrale Stellung in der Organisation und Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ein. Sie agiert nicht nur als verlängerter Arm der Eigentümergemeinschaft, sondern auch als ihr gesetzliches Vertretungsorgan. Umso schwerwiegender ist es, wenn der Verwalter die ihm obliegenden Aufgaben nicht ordnungsgemäß erfüllt, sei es durch pflichtwidriges Unterlassen, mangelnde Transparenz, überlange Untätigkeit oder gar rechtswidrige Handlungen. In der Praxis sind Wohnungseigentümergemeinschaften oft mit der Frage konfrontiert, welche rechtlichen Handlungsoptionen ihnen zur Verfügung stehen, um sich von einer unzureichenden Verwaltung zu trennen – insbesondere dann, wenn das Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört ist. In Betracht kommen dabei zwei voneinander zu unterscheidende, jedoch in der Konsequenz miteinander zu kombinierende Maßnahmen: die Abberufung des Verwalters (§ 26 Abs. 3 WEG) sowie die fristlose Kündigung des zugrunde liegenden Verwaltervertrags (§ 626 BGB analog).

I. Abberufung des Verwalters gemäß § 26 Abs. 3 WEG

Seit Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) am 1. Dezember 2020 hat der Gesetzgeber mit § 26 Abs. 3 WEG die rechtlichen Voraussetzungen für die Abberufung eines Verwalters erheblich flexibilisiert. Danach kann die Bestellung des Verwalters jederzeit durch Beschluss der Wohnungseigentümer widerrufen werden, ohne dass hierfür das Vorliegen eines wichtigen Grundes erforderlich wäre.

§ 26 Abs. 3 Satz 1 WEG: „Die Bestellung kann durch Beschluss der Wohnungseigentümer jederzeit widerrufen werden.“

Dies stellt eine Änderung zur vorherigen Rechtslage dar, wonach eine vorzeitige Abberufung nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zulässig war. Heute genügt ein qualifizierter Mehrheitsbeschluss nach § 25 Abs. 1 WEG, ohne dass die Eigentümer ihre Unzufriedenheit oder das gestörte Vertrauensverhältnis weiter substantiiert begründen müssten. Gleichwohl empfiehlt sich aus haftungsrechtlicher Vorsicht eine hinreichende Dokumentation etwaiger Pflichtverstöße, insbesondere wenn eine fristlose Vertragskündigung beabsichtigt ist.

Die Abberufung betrifft allein die organschaftliche Stellung des Verwalters und beendet nicht das schuldrechtliche Vertragsverhältnis, das diesem Amt zugrunde liegt. Der Verwalter verliert mit Wirksamwerden der Abberufung seine Vertretungsmacht für die WEG (§ 9b Abs. 1 WEG), doch kann er auf Grundlage des weiterhin bestehenden Vertrags grundsätzlich eine Vergütung beanspruchen. Gem. § 26 Abs. 3 S. 2 WEG endet der Vertrag mit dem Verwalter spätestens sechs Monate nach der Abberufung. Demnach läuft der Verwaltervertrag, ohne ordentliche oder fristlose Kündigung, nach der gesetzlichen Konzeption, sechs Monate weiter.

II. Fristlose Kündigung des Verwaltervertrags – Anforderungen an einen wichtigen Grund nach § 626 BGB analog

Um die rechtliche und tatsächliche Trennung vollständig zu vollziehen, ist es regelmäßig erforderlich, auch das schuldrechtliche Verhältnis, das dem Verwalteramt zugrunde liegt, durch Kündigung zu beenden. Während eine ordentliche Kündigung nur unter Einhaltung der vertraglich oder gesetzlich vorgesehenen Fristen möglich, bedarf es für eine außerordentliche, fristlose Kündigung stets des Vorliegens eines wichtigen Grundes im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB.

§ 626 Abs. 1 BGB: „Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.“

Die Rechtsprechung stellt an das Vorliegen eines wichtigen Grundes strenge Anforderungen. Erforderlich ist eine schwerwiegende Pflichtverletzung, durch die das Vertrauensverhältnis zwischen der WEG und dem Verwalter irreparabel zerstört wurde. Als relevante Sachverhalte kommen in Betracht:

  • Beharrliche Missachtung von Beschlüssen der Eigentümergemeinschaft, etwa durch Nichtumsetzung von Instandhaltungsmaßnahmen oder verweigerte Einladung zur Versammlung (§ 24 WEG),
  • Nichtvorlage der Jahresabrechnung oder des Wirtschaftsplans trotz Fristsetzung (§ 28 Abs. 1 und 3 WEG),
  • Verweigerung der Einsicht in Verwaltungsunterlagen entgegen § 18 Abs. 4 WEG,
  • Vertragswidrige Eigenmächtigkeiten, etwa bei der Beauftragung von Dienstleistern ohne ausreichende Deckung oder Beschlusslage,
  • Fehlverwendung oder gar Veruntreuung von Gemeinschaftsgeldern

Zu beachten ist hierbei die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB: Die Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen ab positiver Kenntnis des Kündigungsgrundes erklärt werden. Eine vorherige Abmahnung ist nicht zwingend erforderlich, kann jedoch im Einzelfall zur Sicherung der Wirksamkeit der Kündigung beitragen, sofern dem Verwalter ein Fehlverhalten mit Möglichkeit zur Abhilfe vorgeworfen wird.

III. Praxisempfehlung: Kombination von Abberufung und Kündigung sowie Bestellung eines Nachfolgers

In der Praxis ist es zur Vermeidung von rechtlichen Unsicherheiten und potenziellen Schadensersatzansprüchen geboten, die Abberufung des Verwalters (§ 26 Abs. 3 WEG) und die Kündigung des Verwaltervertrags (§ 626 BGB analog) stets parallel zu beschließen. Dies sollte im Rahmen einer ordnungsgemäß einberufenen Eigentümerversammlung geschehen, wobei die jeweiligen Tagesordnungspunkte klar und nachvollziehbar bezeichnet sein müssen (§ 23 Abs. 2 WEG). Es empfiehlt sich eine außerordentliche Eigentümerversammlung einzuberufen.

Darüber hinaus ist es regelmäßig zweckmäßig, in derselben Versammlung auch einen Nachfolgeverwalter zu bestellen (§ 26 Abs. 1 WEG), um die Handlungsfähigkeit der Gemeinschaft zu erhalten und eine Vakanz zu vermeiden. Zu bedenken ist auch, dass bestimmte Verwaltungsaufgaben mangels vertretungsberechtigten Organs in der Interimszeit erheblich erschwert sein können.

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IV. Fazit: Trennung von der Verwaltung ist rechtlich möglich – aber an Voraussetzungen gebunden

Zusammenfassend ist festzuhalten: Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist keineswegs rechtlos gestellt, wenn ihre Verwaltung ungenügend arbeitet oder gravierende Pflichtverletzungen vorliegen. Durch die gesetzliche Ausgestaltung in § 26 Abs. 3 WEG besteht jederzeit die Möglichkeit zur Abberufung – auch ohne das Vorliegen eines wichtigen Grundes. Diese Maßnahme allein genügt jedoch nicht, um die schuldrechtliche Beziehung zu durchtrennen. Hierfür ist eine gesonderte Kündigung des Verwaltervertrags erforderlich, wobei insbesondere im Falle der fristlosen Kündigung das Vorliegen eines wichtigen Grundes in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht sorgfältig zu prüfen und zu dokumentieren ist.

Die Durchsetzung dieser Rechte setzt oftmals juristische Expertise und taktisches Vorgehen voraus, nicht zuletzt, um Risiken einer etwaigen Unwirksamkeit der Beschlüsse oder unberechtigten Vergütungsforderungen des Verwalters zu begegnen.

Sie erwägen, Ihre Verwaltung abzuberufen oder sehen sich mit gravierenden Pflichtverletzungen konfrontiert? Wir prüfen für Sie die rechtlichen Voraussetzungen einer Abberufung und Kündigung, formulieren tragfähige Beschlussvorschläge und vertreten Ihre Interessen auch gegenüber der Verwaltung. Zögern Sie nicht, sich mit uns in Verbindung zu setzen. Nutzen Sie unser Kontaktformular (www.kigq.de/kontakt), um schnell und unkompliziert einen Beratungstermin zu vereinbaren. Wir helfen Ihnen, Ihre rechtlichen Fragen professionell zu klären.

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